CineTreff im Gespräch mit Regisseur Falko Jakobs

CatenaInnovatives Kino ist selten in Deutschland und hat es schwer. Das hat den jungen Filmemacher Falko Jakobs nicht davon abgehalten, seinen Film „Catena“ gänzlich unabhängig, ohne Fördermittel oder Verleih auf eigene Faust zu produzieren – und der Erfolg gibt ihm Recht. 2012 gewann „Catena“ erst den Award of Merit beim Indie Fest in den USA, danach den Director’s Choice Award beim Indie Spirits Film Festival in Colorado. Nun ist „Catena“ auch in Deutschland fürs HomeCinema erhältlich – als VOD bei Vimeo. CineTreff sprach mit Falko Jakobs über seine Arbeit.

 CineTreff:Du hast mit einem winzigen Budget (knapp 5000 Euro) einen Independent-Film gedreht und nun gleich zwei Awards in den USA gewonnen. Hast Du mit solch einem Erfolg gerechnet?

Jakobs: Überhaupt nicht. Über ein Jahr lang wurde CATENA immer wieder bei deutschen Festivals abgelehnt, und dann habe ich beim Indie Spirits Festival in Colorado miterleben dürfen, wie überrascht und begeistert das Publikum war. Als ich auf die Bühne gerufen wurde und mir der Director’s Choice Award übergeben wurde, das war ein magischer Moment. Die Amerikaner haben einen ganz anderen Blick auf Filme als die Deutschen. In den USA ist man experimetierfreudiger und hat keine Angst davor, Filme zu drehen, die gut unterhalten, im Gegenteil.

CineTreff: „Catena“ ist nach „Hotep“ bereits dein zweites Filmprojekt innerhalb von zwei Jahren. Wie kam es dazu, was sind die Hintergründe?

Jakobs: Nach der Kinopremiere von „Hotep“ im November 2008 gab es erstmal ein Loch. Nachdem ich zwei Jahre lang an dem Film gearbeitet hatte, fehlte auf einmal etwas, und ich wollte unbedingt weitermachen, etwas Neues ausprobieren. Die Idee zu „Catena“ entstand in den Wochen danach. Wichtig war mir, etwas anderes zu machen als „Hotep“. Ich konnte mich am Anfang jedoch nicht richtig entscheiden ob ich lieber eine Komödie, einen Thriller oder ein Drama machen möchte. Ich wollte alles zusammen machen – dadurch kam ich auf die Grundidee zu „Catena“. Ich habe darüber dann sehr viel mit meinem langjährigen Freund Lars Ostermann gesprochen, mit dem ich den Film dann auch gemeinsam realisiert habe. Lars und ich kennen uns seit Kindesalter. Als wir so 13, 14 Jahre alt waren, haben wir mit der alten Analogkamera meiner Eltern Filme gedreht. Es war sozusagen ein Comeback, dass wir beide wieder nach so vielen Jahren zusammen arbeiteten.

CineTreff:Ihr habt wieder nahezu ohne ein wirkliches Budget gearbeitet. Wie funktioniert das? Ist es nicht unglaublich teuer, heutzutage einen Kinofilm zu drehen?

Jakobs: Das ist ja das Tolle! Obwohl alle denken, Filmemachen sei sehr teuer, ermöglicht es die heutige Digitaltechnik, auch mit kleinen Budgets zu arbeiten. Die ganzen Camcorder oder DSLR-Kameras machen mittlerweile schon so gute Bilder, dass der sichtbare Unterschied zu Super 35 immer kleiner wird. Wir haben zum Beispiel mit einer HD-Kamera von Sony gedreht, die ein brillantes Bild liefert. Wenn man dann noch das Glück hat, das Bild richtig ausstatten zu können, es stimmungsvoll auszuleuchten und die richtigen Schauspieler hat, dann hat man gewonnen. Das eigentliche Budget des Films betrug ca. 5000 Euro. Das Wichtigste ist aber, dass alle Beteiligten, von den Schauspielern über die Crew bis zu all jenen, die im Hintergrund mithelfen, ohne Gage mitgearbeitet haben. Wir hatten das Glück, mit einer wunderbaren Crew arbeiten zu können.

CineTreff:Ihr habt „Catena“ innerhalb von nur zwei Wochen abgedreht, ist das nicht extrem wenig? Wie schafft man das?

Jakobs: Das ist auf jeden Fall viel zu wenig Zeit (lacht). Nein, das geht schon. Es kommt darauf an, dass alles gut durchorganisiert ist. Das Timing muss stimmen. Beim Dreh geschehen immer Dinge, die man nicht planen, nicht vorhersehen kann, irgendwas geht immer schief. Wir haben massiv unter Zeitdruck gestanden, haben sehr wenig geschlafen, und mussten schnell und konzentriert arbeiten; auf der anderen Seite war es auch sehr schön, weil es auch Drehtage mit ausreichend Zeit gab, die wir genutzt haben. Man muss sich vorbereiten, und man muss einplanen, dass nicht alles nach Plan läuft. Wenn man dann die Nerven behält, funktioniert es. Lars hatte bei diesem Film die Produktionsleitung. Er hat wirklich alles perfekt geplant und organisiert.

CineTreff:Viele Darsteller aus „Catena“ haben auch schon bei „Hotep“ mitgewirkt. Gibt es so etwas wie eine feste Crew, auf die Du zurückgreifst? Wie wählst Du die Darsteller aus?

Jakobs: Durch „Hotep“ ist vieles ins Rollen gekommen, ich habe mit vielen Leuten gedreht, die ich vorher gar nicht gekannt hatte. Ich war teilweise selbst überrascht, dass es so wunderbar funktioniert hat und die Darsteller meine Erwartungen erfüllt haben. Bei der Arbeit am Drehbuch von „Catena“ war das ein immenser Vorteil, denn ich wusste bereits, wer welche Figur spielen würde und konnte die Charaktere dadurch auf die Darsteller abstimmen. Eine feste Crew gibt es zum Teil. Es gibt ein Kernteam, das schon seit mehreren Jahren besteht, es sind aber auch viele neue Leute dazugekommen, die das Projekt bereichert haben.

CineTreff:Du hast nie eine Filmschule besucht, sondern schon als Kind einfach losgelegt – wie hast Du es geschafft, Dir all die nötigen Techniken und das Wissen selbst anzueignen?

Jakobs: Erste Regel: So viele Filme ansehen, wie möglich, und das ohne Vorurteile, also querbeet, nicht nur das, was den eigenen Geschmack trifft. Natürlich hat man Favoriten, die einen wirklich umhauen – bei mir ist das Sergio Leone -, aber man sollte auch offen sein für alles andere und immer wieder über den eigenen Tellerrand schauen. Indem man dann erstmal das nachahmt, was man sieht, findet man mit der Zeit seinen eigenen Stil, erfährt, was einem persönlich wichtig ist. Dazu kommt, dass man technisches Interesse mitbringen muss. Es dauert eine Weile, bis man weiß, wie man eine Kamera bedient, wie man schneidet, Ton und Licht einfängt und bearbeitet. Man kann sich diese Dinge selbst beibringen, wie alles andere auch! Quentin Tarantino hat mal gesagt: Spart euch das Geld für die Filmschule, steckt es lieber direkt in euren ersten eigenen Film. Das habe ich getan und ich habe es bis heute nicht bereut.

CineTreff:Und daraus ist nun „Catena“ entstanden; was erwartet den Zuschauer? Warum sollte er sich den Film ansehen?

Jakobs: Ich denke, dass der Film etwas Neues bietet. Es war ein Experiment, fünf Genres in einen Film zu packen und einen Film zu schaffen, der zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar ist. „Catena“ ist eine andere Art Film! Strukturell betritt er Neuland, ist aber zugleich spannend, traurig, witzig, kurz: unterhaltend!

CineTreff:Zwei Jahre nach der Premiere erscheint „Catena“ nun als Video on Demand, den Vertrieb machst du selbst … warum hast du dir keinen Filmverleih gesucht?

Jakobs: Es ist heutzutage sehr schwierig, einen Verleih zu finden. Dem entgegen stehen die Möglichkeiten von Web und Social Media, was ganz neue Wege der Vermarktung eröffnet. In der Musikbranche ist dieser Weg schon üblich, nicht nur beim Nachwuchs, auch etablierte Musiker haben sich von ihren Labels getrennt und bringen ihre Musik auf eigene Faust in digitaler Form in die Öffentlichkeit. Auch die Filmwelt geht bereits erste Schritte in diese Richtung, und ich denke, dass genau dort die Zukunft liegt.

Catena: fünf Genres, ein Film